Dienstag, 19. März 2013

TAME zähmt TWITTER

Die inzwischen legändäre Pressekonferenz des stellvertretenden Regierungssprechers Christoph Steegmann im März 2011 hat TWITTER auch in eher bürgerlichen Kreisen bekannt gemacht:




Gestern um 12:00 wurde TAME gelauncht. Bis dahin wusse die Öffentlichkeit nicht, wer diese Startup ist. Companisto hat durch seinen cleveren PR-Gag eine hohe Spannung aufgebaut. Möglicherweise trägt dieses Rätselraten einen gewissen Teil zum Fundingerfolg bei. Oder TAME hat tatsächlich eine Lücke zwischen GOOGLE und TWITTER entdeckt.

Das in reponsivem Design gekleidete TAME ist eine browsergestützte Twitter-App zur Kontextsuche. TWITTER hat 200 Millionen User. Es ist jedoch kein soziales Netzwerk, TWITTER ist hyperaktiv statt interaktiv. Wer genauer hinguckt sieht, dass 70 % aller Tweets unbeantwortet bleiben. Nur 30 % lohnen einen Blick. Und diese 30 % stammen von Networkern mit sehr vielen Followern, die für eine weitere Verbreitung des Urtweets sorgen. Noch aktiver als Networker sind die Zwitscherer. Diese Gruppe hängt gelangweilt irgendwo herum und twittert jede noch so dumme Belanglosigkeit. Gäbe es TWITTER nicht, würden diese Leute wohl ihre Katze totärgern. 

Wie soll man eine derart ausufernde Timeline zähmen? TAME dekomponiert TWITTER in 3 x 10 handliche Informationshäppchen. TAME's  Funktionalität soll hier nicht weiter untersucht werden. Dafür gibt es technikaffine Internetaktivisten. Aber eines ist sicher: Es ist ein Tool für die einflussreiche Schar von Journalisten, die ab Juli 2013 auf GOOGLE-Reader verzichten müssen und erstmal auf dem Schlauch stehen.

Wie auch immer, mir geht es darum, Euch einen Einblick zu geben in das Spannungsfeld zwischen Risiko und Innovation. Was spielt sich zwischen den beiden Polen "Technisches High End und langfristiger Überlebensfähigkeit von TAME" ab und wo positioniert sich dieses Startup?

TAME hat das erste Hindernis geschafft
TAME ist das erste Produkt von TAZALDOO aus Berlin. So etwas wie ein spin-off der renommierten Humboldt Universität. TAZALDOO möchte "die digitale Öffentlichkeit entschlüsseln". Ein früher Anwender nannte TAME "das Schweizer Taschenmesser für TWITTER". Recherche, Analyse und Trendmonitoring soll mit TAME einfacher werden und schneller gehen. CEO: Frederik Fischer. Torsten Müller und Arno Dirlam sind ebenso dabei. Aber auch TWITTER hat die Nachteile der Tweetüberflutung erkannt und arbeitet selbst an einer Kontextsuche. Es bleibt also erstmal abzuwarten, ob und wenn ja, was TWITTER in den nächsten Wochen launched. Dies wird die zweite Bewährungsprobe für TAME sein. Es beruhigt ein wenig, das TAZALDOO von der Humboldt - Innovation GmbH betreut wird, einem Dienstleister für Wissens- und Technologietransfer.

@Tazaldoo: Vermeidet die Fehler der Berliner 6Wunderinder. Auch deren Wunderkit sollte Produktivität ohne Ende bringen. Netzwertig.com bezeichnete dieses Tool als "Facebook für Produktivität". Während Facebook läuft und läuft scheiterte Wunderkit an seiner Komplexität und an den durch eigene PR hochgeschraubten Erwartungen. Weniger wäre bei Wunderkit mehr gewesen. Netzwertig:
 
Wunderkit sah ziemlich nett aus und fühlte sich anfänglich auch gut an, doch es zeigte sich schnell, dass klare Einsatzszenarien für Endanwender fehlten, und dass die komplexe Struktur auf Dauer dem Versprechen erhöhter Produktivität im Wege stand. Fast 400.000 Nutzer haben sich nach Unternehmensangaben in den vergangen sechs Monaten für Wunderkit registriert, allerdings nicht die erhoffte Aktivität an den Tag gelegt.
Bereits nach sechs Monaten mussten 6Wunderkinder ihren Dienst wieder einstellen. Seitdem konzentriert man alle Ressourcen auf den bodenständigen Taskmanager Wunderlist. Ein hervorragendes Werkzeug, das ich selber täglich einsetze, um der Informationsflut beim Surfen Herr zu werden. 

Die ersten Entwicklungsschritte von TAME wurden mithilfe eines EXIST - Gründerstipendiums finanziert. Damit gibt es bereits ein proof-of-concept. Das gestern begonnene Funding auf COMPANISTO ist somit bereits die zweite Finanzierungsrunde. Es geht nicht mehr um das Ausprobieren einer coolen Geschäftsidee, sondern um die Umsetzung konkreter Schritte für ein bereits akzeptiertes Produkt. Dies ist ein wohltuender Unterschied zu manch anderem Fundingstarter und grenzt das Risiko des Scheiterns ein wenig ein. Als Investor muss man jedoch immer die uneingeschränkte Abhängigkeit dieses Tools von TWITTER im Hinterkopf behalten. Andererseits: No risk no fun!

Try it, tame.it